Flashmob trifft Kanzlerin – Spiegel trifft Realität
Erschienen am 20.9.2009
Flashmob trifft Kanzlerin – Spiegel trifft Realität: Über den Flashmob unter dem Motto “Und alle so” Yeaahh!”, der vergangenen Freitag (18.09.2009) eine Wahlkampfveranstaltung von Angela Merkel in Hamburg zum Erlebnis machte, ist ja schon genügend berichtet worden. Aber leider nicht über einen Artikel im Spiegel von Redakteur Ole Reißmann mit dem Titel “Flashmob trifft Kanzlerin“, der mal wieder eindrucksvoll beweist, dass der Spiegel mittlerweile zu einem linientreuen und ewig gestrigen Medium geworden ist, das sich nur schwer mit der Realität anfreunden kann. In diesem Artikel gibt Ole Reißmann unter anderem folgenden Gedankenfluss zum besten:
- “Aber sie (Anm. v. mir: die Kanzlerin) ist viel zu sehr Profi, als dass sie sich irgend etwas anmerken lassen würde“
- “Die Wahlkampfveranstaltung von Angela Merkel wird von einem Flashmob heimgesucht.”
- “Das pubertäre Stören ihrer Politikveranstaltung muss auch Angela Merkel wahrnehmen, so laut und penetrant tönt es ihr entgegen”
- “Hätte der Flashmob-Terror von den Sicherheitsbehörden im Vorfeld verhindert werden müssen?”
- “Die jungen Schreihälse leben schließlich praktisch im Internet und haben es hier mit einer Partei zu tun, die das Netz mit Stoppschildern zensieren und Raubkopierer bestrafen will.”
Das besagter Artikel mehr als kritisch mit der Protestaktion umging, wird aus diesen Ausschnitten schon mehr als deutlich.
Punkt 1 und 2 kann man ja noch durchgehen lassen, obwohl ich der Meinung bin, dass Angela Merkels Verhalten nicht von Erfahrung zeugt, sondern vielmehr vom geflissentlichen ignorieren anderer Meinungen. Ein Profi würde sich mit diesen auseinandersetzen und nicht einfach überhören. Zu Punkt 2 habe ich eine persönliche Frage an Sie, Herr Reißmann. Sind Sie wirklich der Meinung, dass Angela Merkel in diesem Jahr schon eine Wahlkampfveranstalltung abgehalten hat? Für mich sah das alles eher nach Nicht-Wahlkampf zur Machterhaltung aus. Frei nach dem Motto: Wenn wir den Linken keinen Diskussionsstoff liefern, bleiben ihre Wähler auch fein zu Hause.
Die Punkte 3, 4 und 5 setzen dem Ganzen die Krone auf. Für mich grenzt vor allem Aussage 4 an Rufschädigung. Da wird eine ganze Bevölkerungsgruppe auf eine Ebene mit Terroristen gestellt, nur weil sie anderer Meinung ist und ihrem Unmut auf originelle Weise Luft macht. Herr Reißmann, Sie vermitteln mit ihren Aussagen das Bild eines aufgebrachten gewaltbereiten Mobs, dem Einhalt geboten gehört. Oder wieso verwenden Sie Begriffe wie Terror und stellen die Frage nach Sicherheitsbehörden, die den Flashmob, wie zum Beispiel in Braunschweig, obwohl die Situation dort nachweislich eine ganz andere war, hätten verhindern sollen? Ist dies Ihr Demokratieverständnis, Andersdenkende daran zu hindern ihre Meinung zu sagen?
Ich würde mich wirklich sehr darüber freuen, wenn Sie im Sinne einer fairen Diskussion auf die eine oder andere Weise zu den von mir gestellten Fragen Stellung nehmen würden. Immerhin stellen Sie sich auf Ihrer Website doch sehr offen für das Internet vor, außerdem erweckt die Seite bei mir den Eindruck, dass Sie sich im Netz durchaus auskennen. Warum bedienen Sie dann die Klischees des weltfremden Nerds und verschärfen diese mit ihrem Terrorismusvergleichen zusätzlich? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich möchte Sie in keinster Weise angreifen, sondern will nur verstehen, warum Sie so denken, wie ihr Artikel es vermuten lässt.
Was den Spiegel als Zeitung betrifft, vertrete ich nicht nur nach dem hier beschriebenen Artikel die Meinung, dass man nach der doch recht einseitigen Berichterstattung nicht mehr von neutralem Journalismus sprechen kann. Damit entfernt man sich aber immer weiter von der Meinung des Volkes und somit von der Realität.
Weitere Artikel, die unter anderem Bilder und Clips des Flashmobs in Berlin enthalten findet ihr bei Spreeblick und Nerdcore.
Und alle so: Yeaahh!!!
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Kommentare
3 Antworten zu “Flashmob trifft Kanzlerin – Spiegel trifft Realität”
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Ach je (yeaahh?), es wird soviel geschrieben…
…und nicht alle haben dieselbe Wahrnehmung.
Das hier bezieht sich z.B. auch auf den selben Ort zum selben Zeitpunkt.
Was war denn nun wirklich los???
“aber immer weiter von der Meinung des Volkes”
Hmm, wie ist denn die Meinung des Volkes eigentlich? Also die eine Volksmeinung? Würde ich doch gern mehr drüber lesen über dieses gesunde einheitliche Volksempfinden.
@ Ach je Yeaahh – mag sein, dass man eine solche Aktion auch kritisch einschätzen und beurteilen darf, dennoch sind Vergleiche mit “kleinen dummen Kindern” und Terroristen überflüssig. Daran richtet sich meine Kritik ja…
@ Name – stimmt die Meinung des Volkes ist schwer zu fassen, der teil ist ein wenig blöd formuliert. Wollte damit eigentlich ausdrücken, dass der Spiegel zu sehr ohne nachzufragen, das verdaut was unsere Politiker verzapfen. Und somit zum Sprachrohr der mächtigen wird und dem Volk auf diese Weise Dinge schmackhaft wird, ob es nun will oder nicht.
musste den Kommentar leicht bearbeiten, da der Validator damit ein Problem hatte, der Inhalt blieb unverändert.
MfG